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Wasserstoff sicher messen: Warum präzise H₂-Sensorik für die Energiewende entscheidend ist

wasserstoff visualisierung

Wasserstoff ist weit mehr als nur ein Energieträger – er ist ein zentraler Baustein für eine klimaneutrale Zukunft. Als vielseitiges Molekül kann H₂ Energie speichern, transportieren und freisetzen. Damit eröffnet er völlig neue Perspektiven für Industrie, Mobilität und Energiesysteme. Ob als Brennstoff in Brennstoffzellen, als Rohstoff in chemischen Prozessen oder als Speicher für Strom aus erneuerbaren Energien – Wasserstoff gilt als Schlüsselelement der Energiewende.

Mit dem schnellen Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur weltweit steigt auch die Bedeutung einer sicheren und präzisen Wasserstoffmessung. Denn so groß das Potenzial von H₂ ist, so anspruchsvoll ist auch der Umgang mit diesem Gas: Wasserstoff ist farb- und geruchlos, diffundiert extrem schnell und kann in bestimmten Konzentrationen explosiv reagieren. Deshalb kommt es entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von der Erzeugung über den Transport bis hin zur Anwendung – auf höchste Präzision bei der Überwachung an. Nur wenn Leckagen oder Konzentrationsänderungen zuverlässig erkannt werden, lassen sich Anlagen sicher, effizient und wirtschaftlich betreiben.

Hier setzt moderne H₂-Sensorik an – das unsichtbare Rückgrat einer sicheren Wasserstoffwirtschaft. Hochpräzise Sensoren messen die Konzentration von Wasserstoff in Echtzeit, erkennen selbst kleinste Veränderungen und leiten bei Bedarf automatisch Sicherheitsmaßnahmen ein. Damit schaffen sie Vertrauen in neue Technologien, ob in Produktionsanlagen, Speicher- und Transportsystemen oder in Brennstoffzellenfahrzeugen.

1. Wasserstoff als Schlüssel der Energiewende

Die Energiewende steht für den Übergang zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Energieversorgung. Sonne, Wind und Wasser erzeugen bereits große Mengen erneuerbarer Energie – doch sie stehen nicht immer dann zur Verfügung, wenn sie gebraucht werden. Wasserstoff löst dieses Problem: Er kann Energie speichern, transportieren und bedarfsgerecht wieder freisetzen.

Wird Wasserstoff mit grünem Strom durch Elektrolyse hergestellt, entsteht sogenannter grüner Wasserstoff – klimafreundlich und CO₂-frei. Dieser kann vielfältig eingesetzt werden als:

  • emissionsfreier Brennstoff für Brennstoffzellenfahrzeuge
     
  • Rohstoff in der Industrie, etwa in der Stahl- oder Chemieproduktion
     
  • Energiespeicher in Gasnetzen oder unterirdischen Kavernen
     
  • Ausgangsstoff für synthetische Kraftstoffe („E-Fuels“)
     

Damit wird Wasserstoff zum entscheidenden Bindeglied zwischen Strom, Wärme, Mobilität und Industrie – und bildet eine tragende Säule der klimaneutralen Energiezukunft.

2. Herausforderungen bei der Detektion von Wasserstoff

Die Detektion von Wasserstoff gehört zu den anspruchsvollsten Aufgaben der modernen Gasmesstechnik. Grund dafür sind nicht nur die hohen Sicherheitsanforderungen in Industrie, Mobilität und Energieversorgung, sondern vor allem die einzigartigen physikalisch-chemischen Eigenschaften von Wasserstoff. Diese machen ihn zu einem vielseitigen Energieträger – erschweren aber gleichzeitig seine zuverlässige und sichere Erfassung.

2.1 Kleinste Molekülgröße und hohe Diffusionsgeschwindigkeit

Wasserstoff ist das kleinste und leichteste Molekül im Periodensystem. Ein H₂-Molekül ist etwa achtmal kleiner als ein Methanmolekül und rund 15-mal leichter als Luft. Diese Eigenschaften führen zu mehreren messtechnischen Herausforderungen:

  • Hohe Diffusionsrate: Wasserstoff kann extrem schnell durch Materialien und kleinste Spalten diffundieren. Selbst mikroskopisch kleine Undichtigkeiten in Rohrleitungen, Dichtungen oder Ventilen reichen aus, damit das Gas unbemerkt austritt.
     
  • Sensorplatzierung: Da Wasserstoff deutlich leichter als Luft ist, steigt er bei einer Leckage schnell nach oben. Sensoren müssen daher strategisch so installiert werden, dass sie auch kleinste Konzentrationen zuverlässig erfassen können.
     
  • Materialanforderungen: Materialien und Dichtsysteme müssen gasdicht und diffusionsresistent sein. Poröse Werkstoffe oder nicht geeignete Dichtungen können zu kontinuierlichen, schwer nachweisbaren Verlusten führen.
     

Die hohe Beweglichkeit des Moleküls erfordert hochempfindliche Messsysteme mit sehr niedrigen Nachweisgrenzen, die selbst geringste Konzentrationsänderungen schnell und zuverlässig registrieren können.

2.2 Hohe Explosionsgefahr und sicherheitskritische Grenzwerte

Eine weitere zentrale Herausforderung bei der Wasserstoffdetektion ist seine hohe Reaktivität. Wasserstoff ist extrem leicht entzündlich und kann mit Sauerstoff ein explosives Gemisch bilden. Hierbei sind insbesondere folgende Aspekte relevant:

  • Explosionsgrenzen: Bereits zwischen etwa 4 Vol.-% (untere Explosionsgrenze, UEG) und 75 Vol.-% (obere Explosionsgrenze, OEG) in Luft entsteht ein explosives Gasgemisch.
     
  • Niedrige Zündenergie: Wasserstoff benötigt nur eine minimale Zündenergie von etwa 0,02 Millijoule – deutlich weniger als andere brennbare Gase. Selbst ein kleiner Funke oder eine elektrostatische Entladung kann eine Explosion auslösen.
     
  • Breiter Zündbereich: Aufgrund der großen Bandbreite zwischen UEG und OEG ist eine kontinuierliche Überwachung der Umgebungsluft erforderlich, um kritische Werte frühzeitig zu erkennen und Schutzmaßnahmen einzuleiten.

Für Messsysteme bedeutet das: Sie müssen empfindlich genug sein, um weit unterhalb der Explosionsgrenzen zu detektieren, und schnell genug reagieren, um frühzeitig Alarm auszulösen, bevor eine gefährliche Situation entstehen kann.

2.3 Einfluss von Umgebung und Prozessbedingungen

Neben den physikalischen Eigenschaften von Wasserstoff beeinflussen auch äußere Faktoren die Messgenauigkeit und Zuverlässigkeit von Sensoren:

  • Temperatur- und Druckschwankungen: In industriellen Umgebungen können sich Temperatur und Druck häufig ändern. Sensoren müssen diese Einflüsse kompensieren können, um stabile Messwerte zu liefern.
     
  • Feuchtigkeit und Begleitgase: Wasserstoff ist in vielen Anwendungen Teil eines Gasgemisches. Andere Gase, Feuchtigkeit oder Partikel können die Messgenauigkeit beeinflussen oder zu Querempfindlichkeiten führen.
     
  • ATEX-Anforderungen: In explosionsgefährdeten Bereichen (ATEX-Zonen) müssen Sensoren besondere Sicherheitsanforderungen erfüllen und nach entsprechenden Normen zertifiziert sein.

Diese Faktoren erfordern robuste und genau kalibrierte Sensoren, die auch unter anspruchsvollen Umgebungsbedingungen zuverlässig funktionieren.

2.4 Langzeitstabilität und Wartungsanforderungen

In vielen Anwendungen – beispielsweise in Wasserstofftankstellen, Speichersystemen oder industriellen Produktionsanlagen – müssen Sensoren über lange Zeiträume hinweg zuverlässig arbeiten. Die Anforderungen an ihre Langzeitstabilität sind entsprechend hoch:

  • Driftfreie Messung: Sensoren dürfen ihre Kalibrierung nicht verlieren und müssen über Jahre hinweg stabile und reproduzierbare Ergebnisse liefern.
     
  • Wartungsarmut: Besonders bei schwer zugänglichen Installationsorten ist eine regelmäßige Wartung teuer oder logistisch schwierig. Deshalb sind wartungsarme oder wartungsfreie Systeme besonders gefragt.
     
  • Selbstdiagnosefunktionen: Moderne Sensoren verfügen häufig über integrierte Selbstüberwachung, die Ausfälle oder Abweichungen frühzeitig erkennt und so eine durchgängige Prozesssicherheit gewährleistet.

Kurz gesagt: Weil Wasserstoff extrem diffusiv und leicht entzündlich ist (UEG ≈ 4 Vol.-%, OEG ≈ 75 Vol.-%, Zündenergie ≈ 0,02 mJ), müssen H₂-Sensoren sehr empfindlich, schnell und langzeitstabil sein, Umwelteinflüsse (Temperatur, Druck, Feuchte, Begleitgase) sicher kompensieren und ATEX-Anforderungen zuverlässig erfüllen.

3. Sensorprinzipien im Vergleich: Elektrochemisch, Wärmeleitfähigkeit und faseroptisch

Die Wahl der passenden H₂-Sensortechnologie entscheidet über Sicherheit, Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit. Wichtig vorweg: Wasserstoff ist infrarot-inaktiv und kann daher nicht mit klassischen NDIR-Sensoren (wie bei CO₂ oder CH₄) gemessen werden. Für die Detektion von Wasserstoff kommen in der Praxis vor allem drei Prinzipien zum Einsatz: elektrochemische Sensoren, Wärmeleitfähigkeitssensoren (TCD) sowie faseroptische Verfahren.

3.1 Elektrochemische Sensoren – kompakt und empfindlich

Funktionsprinzip:
Wasserstoff reagiert an einer Elektrode mit einer Elektrolytlösung. Der dabei entstehende Strom ist proportional zur H₂-Konzentration.

Vorteile:

  • Hohe Empfindlichkeit bei niedrigen Konzentrationen
     
  • Schnelle Ansprechzeiten
     
  • Kompakte Bauform, attraktiv für portable Geräte
     
  • Günstige Anschaffungskosten

Nachteile:

  • Begrenzte Lebensdauer durch Elektrolyt-Alterung (Drift)
     
  • Querempfindlichkeiten gegenüber Begleitgasen möglich
     
  • Temperatur-/Feuchtigkeitsabhängigkeiten
     
  • Regelmäßige Kalibrierung und Wartung erforderlich

Typische Einsatzbereiche:

  • Mobile Sicherheitsdetektoren und persönliche Warngeräte
     
  • Leckage-Screening in kleineren Anlagen
     
  • Temporäre Überwachungsaufgaben mit Fokus auf Kosten und Mobilität

3.2 Wärmeleitfähigkeitssensoren (TCD) – Industriestandard für präzise H₂-Messungen

Funktionsprinzip:
Wasserstoff besitzt eine deutlich höhere Wärmeleitfähigkeit als die meisten anderen Gase. Ein beheiztes Sensorelement wird vom Gas umströmt; die Wärmeabfuhr (Abkühlrate) hängt vom H₂-Anteil ab und erlaubt eine präzise Konzentrationsbestimmung.

Vorteile:

  • Sehr hohe Genauigkeit und Langzeitstabilität (geringe Drift)
     
  • Wartungsarm, keine Verbrauchsmaterialien
     
  • Schnelle Reaktion – wichtig für Leckageerkennung
     
  • Robust gegenüber Temperatur-/Druckschwankungen und für Dauerbetrieb geeignet

Nachteile:

  • Ergebnis hängt von der Gaszusammensetzung ab; ggf. anwendungsspezifische Kalibrierung nötig
     
  • Höhere Systemkomplexität als bei einfachen elektrochemischen Lösungen

Typische Einsatzbereiche:

  • Industrielle Prozess- und Reinheitsüberwachung
     
  • Brennstoffzellen-Systeme (Stationär und Mobil)
     
  • Speicher- und Transportsysteme (Pipelines, Verdichter, Kavernen)
     
  • Power-to-Gas / Power-to-X mit Mischgasanalytik

3.3 Faseroptische Verfahren – robust in Spezialumgebungen

Funktionsprinzip:
Materialien, die bei Kontakt mit H₂ ihre optischen Eigenschaften (z. B. Brechungsindex, Absorption, Interferenz) verändern, werden über Lichtwellenleiter ausgelesen. Elektrik kann dabei vom Ex-Bereich getrennt bleiben.

Vorteile:

  • Intrinsisch sicher (keine elektrischen Kontakte im Messbereich)
     
  • Unempfindlich gegenüber elektromagnetischen Störungen
     
  • Hohe Langlebigkeit und geringer Wartungsaufwand

Nachteile:

  • Höhere Investitionskosten
     
  • Häufig anwendungsspezifisch und komplexer in der Integration

Typische Einsatzbereiche:

  • Hochsicherheits- und Ex-Zonen mit strengsten Anforderungen
     
  • Bereiche mit starken EM-Feldern oder extremen Umgebungsbedingungen
     
  • Forschung, Teststände und Spezialmaschinen

3.4 Auswahl und Integration – worauf es in der Praxis ankommt

Anforderungsprofil klären:

  • Ziel-Konzentrationsbereich (Spuren, Prozent, LEL/UEL-Bezug)
     
  • Ansprechzeit und Alarmstrategie (Frühwarnung vs. Prozessregelung)
     
  • Gasmatrix und potenzielle Querkomponenten
     
  • Umgebungsbedingungen (Temperatur, Druck, Feuchte, Vibration)

Regulatorik & Sicherheit:

  • ATEX/IECEx-Einstufung und Zonen
     
  • SIL/PL-Anforderungen, Selbstdiagnose, Redundanzkonzept

Betrieb & Lifecycle:

  • Kalibrierstrategie (Intervall, Vor-Ort vs. Werkskalibrierung)
     
  • Wartungsaufwand und Ersatzteilverfügbarkeit
     
  • Total Cost of Ownership (CapEx + OpEx)

Integration & Kommunikation:

  • Mechanik (Einbaulage, Strömung, Probenaufbereitung)
     
  • Elektrik/Elektronik (Versorgung, EMV, Schutzarten)
     
  • Schnittstellen und Protokolle (z. B. 4–20 mA, Modbus, CAN-Bus)

Kurz gesagt: Für kontinuierliche, präzise und langzeitstabile H₂-Messungen setzen industrielle Anwendungen überwiegend auf Wärmeleitfähigkeit (TCD); elektrochemische Sensoren punkten bei mobilen und kostensensitiven Szenarien; faseroptische Lösungen schließen anspruchsvolle Nischen mit besonderen Sicherheits- oder EMV-Anforderungen.

4. Einsatzbereiche moderner H₂-Sensorik

Die Einsatzgebiete moderner Wasserstoffsensoren sind heute so vielfältig wie die Anwendungen von Wasserstoff selbst. Mit dem Ausbau der Wasserstoffwirtschaft – von der Erzeugung über Speicherung und Transport bis hin zur Endanwendung – steigen auch die Anforderungen an die Messtechnik. Präzise, robuste und langfristig stabile Sensoren sind in allen Bereichen unverzichtbar, um Sicherheit, Effizienz und Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten.

4.1 Brennstoffzellentechnologie – Sicherheit im mobilen und stationären Einsatz

In der Brennstoffzellentechnologie spielt Wasserstoffsensorik eine zentrale Rolle – sowohl im mobilen Bereich (z. B. Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb) als auch in stationären Anwendungen (z. B. Backup-Systeme, Hausenergieversorgung oder Industrieanlagen).

Sensoren übernehmen hier mehrere sicherheits- und funktionskritische Aufgaben:

  • Leckageüberwachung im Antriebsstrang: Bereits kleinste Undichtigkeiten können zu gefährlichen Situationen führen. Sensoren erkennen austretenden Wasserstoff sofort und lösen Warn- oder Abschaltmechanismen aus.
     
  • Tanküberwachung: Druckverluste oder unerwartete Konzentrationsänderungen werden frühzeitig erkannt, um Schäden und Ausfälle zu verhindern.
     
  • Überwachung der Ladeinfrastruktur: Wasserstofftankstellen, Kompressoren und Betankungssysteme müssen kontinuierlich überwacht werden, um maximale Betriebssicherheit zu garantieren.

Hier sind besonders schnelle Reaktionszeiten, hohe Empfindlichkeit und Langzeitstabilität entscheidend. Nur so kann der sichere Betrieb gewährleistet werden – sowohl bei Alltagsanwendungen im Fahrzeugbereich als auch in Hochleistungsanwendungen in Industrie und Energieversorgung.

4.2 Energiespeicherung und -transport – Überwachung großer Systeme

Auch bei der Speicherung und Verteilung von Wasserstoff ist hochpräzise Sensorik unerlässlich. Wasserstoff wird häufig in Drucktanks, Pipelines oder unterirdischen Kavernen gespeichert und transportiert – Systeme, die über Jahrzehnte hinweg sicher funktionieren müssen.